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Der Hype um BeReal.

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BeReal ist eine App, die gerade jede Menge Aufmerksamkeit erfährt – vor allem von jüngeren Zielgruppen. Zuletzt ist dies Clubhouse Anfang 2020 gelungen. BeReal hat es sich zum Ziel gemacht, das Anti-Instagram zu sein. Statt aufwendig inszenierten Bildern sollen Nutzer:innen hier das wahre Leben von Freund:innen sehen können. Sie haben nur zwei Minuten Zeit, ein neues Foto zu posten. Ziel dahinter ist es, Authentizität in den Fokus zu rücken. Da nur einmal pro Tag gepostet werden kann, besteht nicht die Notwendigkeit, die App über den Tag verteilt mehrere Stunden lang zu nutzen. Hierin besteht ein großer Unterschied zu den bekannten Social-Media-Plattformen. Aktuell wächst das Interesse an der App rapide und die Download-Zahlen steigen. Wird sich der Trend bewähren?

Wie funktioniert BeReal?

Die für Android und iOS verfügbare Social-Media-App ermutigt Benutzer dazu, zu teilen, wer sie in einem bestimmten Moment sind. Hierfür erhalten User einmal pro Tag zu einem zufällig gewählten Zeitpunkt eine Benachrichtigung mit dem Text „Time to BeReal“. Danach haben sie zwei Minuten Zeit, um ein Foto von dem, was sie gerade tun, zu posten. Betätigen User den virtuellen Auslöser, schießen Front- und Rückkamera gleichzeitig ein Foto. Optional kann auch der aktuelle Standort angegeben werden. So soll eine authentische, realistische Momentaufnahme aus dem Leben entstehen. Das überzeugt vor allem jüngere Nutzer:innen. Das Foto sehen dann alle bestätigten Freunde bei BeReal, auf Wunsch kann es auch mit allen BeReal-Nuter:innen geteilt werden.

Wird das zweiminütige Zeitfenster überschritten, gilt das als „zu spät“. Fotos der anderen User sind dann erst wieder zu sehen, wenn das nächste eigene Bild veröffentlicht wird. User können ihre Fotos erneut aufnehmen, wenn sie ihnen nicht gefallen – allerdings zeigt die App an, wie häufig ein Foto erneut gemacht wurde. Dieser Zeitdruck hat natürlich Einfluss auf die Art der Fotos, die auf BeReal zu sehen sind.

Eine „Gefällt mir“-Funktion gibt es nicht, User können aber auf die Posts anderer mit einem RealMoji reagieren. Hierbei handelt es sich um einen Emoji mit einem Selfie, das eine Emoji-Reaktion nachahmt. BeReal verfügt weder über Filter noch über Bearbeitungsmöglichkeiten, Videos können nicht veröffentlicht werden. Auch eine Anzahl von Followern wird nicht angezeigt.

Es gibt einen Bereich, in dem User Fotos von sich und den eigenen Freund:innen sehen. Daneben gibt es auch den sogenannten Discovery-Bereich, wo User durch eine endlose Liste an Beiträgen scrollen können.

Der Hype um die App

Laut dem App-Analyse-Dienst Apptopia hat BeReal 2022 bisher ein User-Wachstum von 315 % verzeichnet. Über 7,4 Millionen Mal wäre die App seit dem Launch Ende 2019 heruntergeladen worden. Im Vergleich zu der Gesamtanzahl aller Downloads großer Apps ist die Zahl nicht sonderlich bemerkenswert. Laut Techcrunch entstanden 74,5 Prozent der App-Downloads allerdings im Jahr 2022 – das spricht für ein enormes Wachstum.
Erfolgreich ist BeReal derzeit vor allem in Frankreich, dem Heimatmarkt der App, und den USA.
Gegründet wurde BeReal Mitte 2019 von Alexis Barreyat und Kévin Perreau. Nach dem Launch im Januar 2020 beschränkt sich das Verbreitungsgebiet vor allem auf Frankreich – das internationale Wachstum ist zäh, Interesse an der App kaum vorhanden. Im Juni dann berichtet newcomer.co, dass kurz nach Abschluss einer Seed-Runde von New Wave und Kima Ventures Andreessen Horowitz mit Partner Andrew Chen und Accel mit Partner Sonali De Rykcer eine Serie-A-Finanzierungsrunde in Höhe von 30 Millionen US-Dollar angeführt hätten. Der Wert des Unternehmens nach der Runde habe bei 150 Millionen US-Dollar gelegen. Ab Januar 2022 gehen dann Download-Zahlen, die Kurve bei Google Trends und Erwähnungen in den Medien stark nach oben. Anfang Mai, nicht mal ein Jahr nach der Seed- und Series-A-Runde, soll der nächste große Coup für BeReal gefolgt sein. Eine von Bestandsinvestor DST Global angeführte Runde in Höhe von 85 Millionen US-Dollar soll das Start-up auf eine Bewertung von 630 Millionen US-Dollar katapultiert haben.

Der plötzliche Hype dürfte aber auch nicht zuletzt mit dem Marketing-Konzept der App zusammenhängen: BeReal betreibt ein sogenanntes Botschafterprogramm, um sich eine vorwiegend junge Zielgruppe zu sichern. Dazu werden Studierende und – zumindest in den USA – auch Schüler:innen rekrutiert, die ihrem Umfeld wiederum die Vorteile der App schmackhaft machen sollen. Statt also Online-Anzeigen zu schalten oder Influencer:innen auf anderen Plattformen für Werbung zu bezahlen, soll die App weiterempfohlen werden. Studierenden wird auf der Website von BeReal eine „großartige Bezahlung“ versprochen.

Aber auch Plattformen wie Instagram und Tiktok – von denen sich BeReal eigentlich ganz bewusst unterscheiden will – haben einen entscheidenden Beitrag zum Wachstum beigetragen. Ein Großteil der Videos und Posts, die sich auf Tiktok und Instagram um BeReal drehen, kommen nicht vom BeReal-Marketing-Team, sondern von den BeReal-Nutzer:innen. Sie teilen auf Instagram ihre BeReal-Fotos oder auf Tiktok Slideshows von mehreren mit der App erstellten Fotos. Weil die Nutzer:innen vom Aufruf, ein Foto zu machen, häufig überrascht werden, teilen sie unerwartete, lustige, traurige und verrückte Momente über die App, die dann zum Teil viral gehen.

Eine große Herausforderung liegt allerdings darin, dass BeReal bisher kein Geschäftsmodell hat. Das zu entwickeln, dürfte bei der aktuellen Funktionsweise auch gar nicht so einfach sein. Im Großteil aller Fälle geht es um KPIs wie Nutzungsdauer und -frequenz. Trotz der sieben Millionen Daily Active User, die das Unternehmen nennt, sind Dauer und Frequenz per Funktion der App begrenzt.

Trotz des bisher fehlenden Geschäftsmodells, der schwierigen Auffindbarkeit und keinerlei viraler Möglichkeiten auf BeReal sind erste Brands in der App aktiv. Die Filmreihe Scream gewährt zum Beispiel Behind-the-Scenes-Einblicke während der Dreharbeiten. Elf Cosmetics hatte für die ersten 150 Follower des Accounts Promo-Codes versprochen.

Und Meta?

Snapchat und TikTok sind wohl die prominentesten Apps, bei denen Instagram bislang fast immer erfolgreich abgekupfert hat. Den neuesten Versuch hat der App-Forscher Alessandro Paluzzi nun im Code der App entdeckt: Candid Challenges. Die Inspiration Instagrams hierfür ist BeReal. Laut der Redakteurin Karissa Bell bestätigte ein:e Instagram-Sprecher:in, dass es sich bei der neuen Funktion um einen „internen Prototyp“ handelt.

Paluzzi erklärt in seinem Tweet, dass Instagram-User, die an Candid Challenges teilnehmen, jeden Tag zu einer immer anderen Zeit, dazu aufgerufen werden, ein Foto aufzunehmen. Anschließend öffnet sich automatisch der Dual-Kameramodus (den Instagram bereits von BeReal kopiert hat). User haben dann zwei Minuten Zeit, ein Bild zu machen. Die über die Challenge geteilten Fotos werden in der Stories-Leiste veröffentlicht. Das gleicht also sehr genau dem, was BeReal ausmacht.

Zwar ist noch ungewiss, ob oder wann Instagram Candid Challenges launcht – doch inzwischen ist bekannt, dass Meta keine Probleme hat, populäre Features zu adaptieren. Und das oft sehr erfolgreich.

Fazit

Vielleicht ist der Hype um BeReal so schnell vorbei wie bei Clubhouse. Oder aber die App etabliert sich und wird zu einem der größten Konkurrenten für Instagram & Co. Ob sich künftig auch mehr Brands mit BeReal auseinandersetzen, hängt vor allem vom weiteren Wachstum der App ab. Bis dahin steht BeReal aber erst einmal vor der Herausforderung, aus einem Hype echte, langfristige Begeisterung zu machen.

Quellen

https://omr.com/de/daily/bereal-app-wachstum-brands/
https://onlinemarketing.de/social-media-marketing/nstagram-testet-bereals-signature-feature
https://www.chip.de/news/2-Minuten-und-keine-Sekunde-laenger-Irrer-Hype-um-die-neue-Smartphone-App-BeReal_184379486.html
https://t3n.de/news/bereal-anti-instagram-check-hype-app-1474121/
https://sproutsocial.com/de/glossary/bereal/
https://www.zeit.de/zett/2022-08/bereal-sozial-social-media-netzwerk-schoenheit?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F